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Bankenprozesse in Zürich: Verurteilung für die neun angeklagten Klimaaktivist*innen

[2021-05-14] In Zürich ist heute das Urteil gegen die Klimaaktivist*innen gefallen, die im Sommer 2019 vor der Credit Suisse protestiert hatten. Gerichtspräsident Marius Weder (SP) ist den Anträgen der Staatsanwaltschaft mehrheitlich gefolgt. Er hat die Beschuldigten in den Anklagepunkten Nötigung und Hausfriedensbruch verurteilt. Damit wird die Klimakrise erneut ignoriert, Klimazerstörung legitimiert und der notwendige und legitime Protest kriminalisiert. Die Credit Suisse darf hingegen weiterhin ungestraft das Pariser Klimaschutzabkommen missachten und Milliarden in klimaschädliche Projekte investieren.

Ein Urteil wie die fossilen Energien: rückständig und nicht zeitgemäss
Heute wurden acht von neun jungen Menschen aufgrund der Klimaproteste vor der Credit Suisse 2019 wegen Nötigung und Hausfriedensbruch zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 10 Franken verurteilt, ein Beschuldigter ausschliesslich wegen Nötigung zu 30 Tagessätzen à 10 Franken. Zusätzlich fallen 9000 CHF Gerichtsgebühren und pro verurteilte Person 2000 CHF Verfahrenskosten an. Das heutige Urteil ist genauso wie das auf fossile Energien beruhende Wirtschaftsmodell: rückständig und nicht zeitgemäss. Das Zürcher Bezirksgericht verpasst damit die Chance, das geltende Recht der gesellschaftlichen Realität anzupassen. Dies im Gegensatz zu den Gerichten in Lausanne, Genf oder Basel, die die Klimakrise als wichtige gesellschaftspolitische Problematik anerkannt haben.  

 

Klimazerstörung legal und Klimaschutz kriminell?
Die neun verurteilten Menschen hatten mit ihrem Protest vor dem Hauptsitz der Credit Suisse im Sommer 2019 auf die Zerstörung unseres Planeten durch das unverantwortliche Handeln der führenden Schweizer Grossbank aufmerksam gemacht. Trotz grüner Versprechen investierte die Credit Suisse seit dem Abschluss des Paris Klimaschutzabkommens 82.2 Milliarden US-Dollar in fossile Brennstoffe. Sie rangiert damit in einem weltweiten Vergleich der 60 grössten Banken auf Platz 19, europaweit sogar auf Platz 4 (Banking on Climate Chaos, 2021). In der Schweiz ist und bleibt der Finanzplatz der grösste Klimasünder. Im November 2020 schrieb das Bundesamt für Umwelt über den Schweizer Finanzplatz: «Das heutige Investitionsverhalten unterstützt nicht nur erheblich die Kohle- und Erdölförderung, sondern sogar noch deren weiteren Ausbau. Dies läuft den Klimazielen klar zuwider.»

Klimaaktivist*innen lassen sich nicht abschrecken
«Ich bin enttäuscht und besonders traurig, dass der Richter nicht auf die vorgeschlagenen Klima- und Wirtschaftsexperten gehört hat. Offenbar war für den Richter schwer zu begreifen, woran die Fachwelt wie auch die jüngsten und immer häufigeren klimatischen Ereignisse uns regelmässig erinnern: an Realität und Ausmass der Klimakrise.» sagt Robin, einer der wegen Hausfriedensbruch und Nötigung verurteilten Aktivist*innen. Der fortschreitende Klimawandel bedroht die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. Gleichzeitig führen Banken, multinationale Unternehmen und auch die Politik ihr «business as usual» fort.

Für Helio, ebenfalls verurteilt, ist klar: «Es besteht auch weiterhin dringender Handlungsbedarf für ziviles Engagement. Die Klimakrise ist die grösste Bedrohung der Gegenwart. Unsere Institutionen versagen, sich damit auseinanderzusetzen. Das macht unseren Protest unverzichtbar und legitim! Die erlebte Solidarität und die Ermutigung durch wissenschaftliche Gruppen motivieren mich, weiter für eine klimagerechte Zukunft zu kämpfen!»

Klimagerechtigkeitsbewegung hat grosse Pläne für den Sommer
Mit dem Strike for Future am 21. Mai und der Ankündigung des Rise Up for Change Bündnisses, diesen Sommer (28.07. – 11.08.) einen Fokus auf den Finanzplatz zu legen, wird klar, dass sich die Klimagerechtigkeitsbewegung durch Urteile wie dieses nicht einschüchtern lässt. «Wir sind die letzte Generation, welche die Klimakatastrophe aufhalten oder zumindest noch eindämmen kann. In Zeiten der Klimakatastrophe ist es eine absolute Notwendigkeit, sich für eine klimagerechte Zukunft einzusetzen» sagt Frida Kohlmann, Mediensprecherin des Collective Climate Justice.

Die Aktivist*innen zieht das Urteil an die nächste Instanz weiter.

Kontakt und weitere Informationen:
Frida Kohlmann, Mediensprecherin (D, E): +41 77 909 76 83
E­Mail: medien@climatejustice.ch
Lars Tödter, Mediensprecher BreakFree (F): +41 79 658 73 85
E-Mail: medien@climatejustice.ch
Ingrid Indermaur, Anwältin (D, E): +41 44 295 90 80
E-­Mail: indermaur@advokaturaussersihl.ch
Thomas Schluep, Anwalt (D, F, E): +41 52 212 37 37
E-­Mail: info@advoschluep.ch
Gerne können wir auch Kontakte zu den angeklagten Aktivist*innen anbieten. Sie stehen für Interviews zur Verfügung. Bitte melden sie sich dafür bei Frida Kohlmann oder bei Lars Tödter.
 
Bildmaterial der Aktion vom 8.7.2019 (zur freien Verwendung):
https://www.flickr.com/photos/182591369@N08/albums
Bildmaterial der Solidaritätskundgebungen vor dem Volkshaus (zur freien Verwendung):
https://www.flickr.com/photos/182591369@N08/albums/72157719155071743
Homepage: www.climatejustice.ch
Twitter: @climate_games
 
Über uns
Hinter der Aktion «Fossil Banks – Too Big to Stay» vom Juli 2019 steht das Collective Climate Justice sowie Einzelpersonen und weitere Aktivist*innen aus verschiedenen Gruppen, wie beispielsweise das Collectif BreakFree. Als Bewegung stehen wir alle solidarisch für Klimagerechtigkeit und für eine lebenswerte Zukunft für alle.