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Die grüne Lüge

Der Klimawandel und soziale Ungleichheit lassen sich nicht durch eine Ökologisierung des Kapitalismus abschaffen, sagt Alberto Acosta. Er will eine sozial-feministisch-antirassistische Revolution

Von Alberto Acosta,

Es gibt keinen Zweifel mehr daran, der Mensch ist eine Plage, die den Planeten zerstört. Die Beweise dafür sind vielfältig, jüngster Beleg ist die »Internationale Grüne Woche« in Berlin. Die Agrarmesse legt Zeugnis ab von einer Situation, die immer komplexer wird. Markus Balser schreibt zum Auftakt der Messe in der Süddeutschen Zeitung, dass die Landwirtschaft »zu wenig mit Land und zu viel mit Wirtschaft zu tun hat.« Ein anderes Beispiel die Lebensmittelproduktion, die zunehmend von ökonomischen Überlegungen getrieben wird, die menschlichen Bedürfnissen völlig uninteressiert gegenübersteht. Andere Fallbeispiele sind die Biokraftstoffe für Autos oder die Lebensmittelspekulation auf den sogenannten Future-Märkten.

Diese Wirklichkeit hat dazu geführt, dass wir in einer neuen Ära leben, 2002 vom Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen zum »Anthropozän« getauft. Auch wenn die Feststellung richtig ist – nämlich eine Beschreibung zu liefern für einen grundlegenden geologischen Wandel, in der die Menschen damit begonnen haben die Geschichte der Erde selbst zu verändern – gibt sie uns keine geeigneten Schlussfolgerungen darüber an die Hand, wie die schwerwiegenden Probleme, denen wir uns gegenübersehen und die immer vielgestaltiger werden, bewältigt werden können.

Zur Lösung der Probleme, die den Planeten ersticken, muss das Infragestellen der Wirtschaft gehören, in der wir leben. Eine kostspielige und verschwenderische Wirtschaft, die Unmengen an natürlichen Rohstoffen verbraucht und schwerwiegende ökologische und soziale Ungleichgewichte provoziert. Eine Wirtschaft, die sich durch Konsumismus und Produktivitätswahn immer schneller und schneller dreht. Eine Wirtschaft, die im technikzentrierten Fetischismus und der Vermarktlichung sämtlicher Lebensbereiche, sei es das menschliche und nicht-menschliche Leben, gefangen ist. Eine Wirtschaft, die in ihrer Struktur auf Ungleichheit beruht, sei es die Reichtumsverteilung, sei es Macht und die Verteilung der durch die Umweltungleichgewichte verursachten Auswirkungen (die wiederum durch die wirtschaftlichen Aktivitäten entstehen).

Die Fakten zur ökologischen Ungleichheit sprechen für sich. In der katalanischen Umweltzeitschrift »Ecología Política« (Band 53) findet sich eine eindrucksvolle Zusammenfassung: 2015 waren zehn Prozent der Erdbevölkerung für die Hälfte aller CO2-Emissionen verantwortlich, während die andere Hälfte der Menschheit nur zehn Prozent aller Klimagase ausstoßen. Das reichste 1-Prozent der Menschen stößt mehr als 175 Mal so viel vom Klima-Killergas aus wie die zehn ärmsten Prozent zusammen. Die klimaschädlichsten Unternehmen sind die Öl- und Gasfirmen und die Zementhersteller. Die Organisation, die weltweit am meisten Erdöl verbrennt, ist das Verteidigungsministerium der USA, der Pro-Kopf-Öl-Verbrauch eines US-Soldaten war 2011 35 Prozent über dem Schnitt eines US-Bürgers (die bereits die Menschen mit dem größten ökologischen Fußabdruck der Welt sind).